In einem symbolischen Akt und weil sie es sich nicht leicht machen will segelt Greta Thunberg nach Amerika. Konservative Medien wie die WELT (1) rechnen prompt wie peinlich vor, was da bei der Reise alles nicht aus handgeschorener Wolle und selbstgetöpferter Ware ist und versuchen ihr Bigotterie qua CO2 Fußabdruck nachzuweisen. Das gerinnt zu einem Akt purer fossiler Verzweiflung, wenn selbst die Wimpelchen am Mast, die Seekleidung und gar die CO2 Bilanz der gesammten das Ereignis abdeckenden Presse einbezogen werden müssen, um hernach trotzig wie stolz zu bilanzieren: Fliegen wäre besser für die Umwelt gewesen.
Die WELT zelebriert hier ein Hochamt der kleinlichen Erbsenzählerei, bei dem die WELT bewusst den Blick aufs Ganze mit Eisenbahnladungen an nörgeligen Details zuzuschütten sucht. Klar hätte Greta Thunberg sich auch hinfliegend von der fossilophilen Presse filetieren lassen können. Was wäre das ein Geschenk gewesen: Ha! Dieselfahrer dieser Erde, seht auf diese Gör-Gewordene Bigotterie die es in ihrer Verlogenheit schwimmend wagt euch den in der Innenstadt überlebensnotwendigen notwendigen XXL SUV verbieten zu wollen.
Leider hat sie das nicht getan, das ist verständlicherweise für Gretaphobiker ziemlich frustrierend. Also muss man jetzt mühsam erbsenzählend das Bild der verlogenen Ökosirene anderweitig konstruieren. Das gestaltet sich dabei aufwändig und nervt nicht nur die Schreiber. Aber es scheint wohl für die WELT notwendig das Bild der selbstverlogenen Greta Thunberg zu lancieren, da man wohl über diesen Nachweis den fossilen Hedonismus entschuldigen möchte. Vielleicht auch weil man ihn anderweitig schon lange nicht mehr entschuldigen kann. Also muss Greta fallen, damit wir uns weiter einreden, es wäre eine unausweichliche Gegebenheit, dass wir den Planeten plündern.
In dieser sich zunehmend hysterischer darstellenden Abarbeitung an Greta Thunberg offenbart sich jedoch vor allem eines: die rationale und moralische Erschöpfung der Legende des Menschen, der sich die Welt untertan machen könne. Dieser Legende gehen derzeit rapide die Argumente aus, die sie bei Lichte betrachtet eigentlich auch noch nie hatte, während zeitgleich die Sorge ob man tatsächlich seinen globalen Kreditrahmen zu sehr überzogen habe langsam aber sicher mit steigender wirtschaftlicher Spürbarkeit auch beim Großkapital in Panik übergeht.
Während also die Dorfschultes der Politik, wie beispielsweise die Werte-Union, FDP, die altgestrigen Männer der SPD oder die AfD, noch tapfer im Versuch den alten Lebenstil des „Mir-alles-und-noch-viel-mehr“ irgendwie zu retten, die Klimakrise oder zumindest deren Auswirkung auf das Handeln der Menschen beharrlich leugnen, warnt beispielsweise der größte Rückversicherer der Erde (2), die Münchener Rück vor den Auswirkungen in Folgen des Klimawandels (3). Diese seien, so die Versicherung zukünftig nicht mehr versicherbar und sie sagen die Welt täte gut daran endlich auf Greta Thunberg zu hören (sic!).
1) https://www.welt.de/wirtschaft/article198546187/Segelreise-in-die-USA-Greta-Thunberg-in-der-Klima-Falle.html2)https://de.m.wikipedia.org/wiki/Rückversicherung3) https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/munich-re-experte-im-interview-foerderung-von-technologie-bringt-viel-mehr-als-sich-fuer-flugreisen-zu-schaemen/24860428.html