„Draussen nur Kännchen!“ wurde man früher im Aussenbereich der Cafés von der stets unwirschen Bedienung undefinierbaren Alters statt eines Grußes zum Auftakt des auch im Fortgang selten von Herzlichkeit geprägten Gast-Wirtin-Verhältnisses angebellt. Zumindest wenn man jung, und das Café in München-Mitte und für Bürger im vorgeriatischen Milieu angesiedelt war. In der Druckerei gilt gleiches, nur eben drinnen und mit am Gegenüber interessierter Herzenswärme. Gut so, denn ich kann Maschinen ohne Schmiernippel und Ölpunkte einfach nicht ernst nehmen.
Meine Druck- und Stanzpressen haben denn auch zwischen 3 und 22 stets rot markierte Ölpunkte. Das sind Löcher in welche man je nach Betriebsanleitung täglich, wenigstens wöchentlich einen Naps Öl geben soll. Die finden sich überall wo sich bewegende Metallteile befinden: am Zylinderwagen, am Farbwerk, am Steuergestänge. Nun, die kurzen Intervalle gelten natürlich für den täglichen Betrieb, bei mir gehört das Ölen daher zum Ritual der Maschinenpflege nach dem Drucken. Für das Ölen könnte man natürlich auch ein profanes Plaste-Quetschfläschchen oder so einen billigen China-Schwanenhals Wertigkeitssimulator nehmen, der gerne seinen Gebrauch abseits einer Verwendung als sicher liebevoll gedachtes Geschenk mit spontaner Arbeitsallergie quittiert. Ich weiß es, ich schraube seit dreißig Jahren an Maschinen, da hat man alle möglichen Öler in der Hand gehabt und weiß einen guten wirklich zu schätzen. Vor allem, wenn man gerade mal wieder so eine günstige Inkontinenzprinzessin in der Hand hat. Plastik fand ich sowieso unpassend, daher habe ich in meiner Druckwerkstatt eine Metallkanne mit Daumendruckbetrieb aus den 1940ern, der damals mit ihren Ölkännchen weltweit in den Werkstätten vertretenen Firma Eagle aus den USA.
Prinzipiell gibt es im Maschinensaal zwei Ölsorten: normales Maschinenöl, da verwende ich, weil die Maschinen wahrscheinlich nie etwas anderes gesehen haben ein ganz normales Allzweck Mineralöl 10W-30. Für die Schmitze, also die Bahnen auf denen die Zylinderwagen und/oder Farbrollen laufen nimmt man Gleitbahnöl Typ 68. Das hat Zusätze um Fleckenbildung auf den Stahllaufflächen zu vermeiden, ist tropffester als Maschinenöl und gewährleistet druckfest einen reibungslosen Lauf. Beide Öle sind ganz normale Allerweltsmehrzwecköle – meine Maschinen brauchen zum Glück keine spezielleren Schmierstoffe. Die sind schon totglücklich, wenn die bei mir ankommen, und zum ersten Mal seit Jahrzehnten der oft maximalen Vernachlässigung die schlossernde Hand eines pflegenden Liebhabers spüren und überhaupt mal wieder Öl sehen. Für mich ist nicht die durchgewischt-funkelnde Aufgeräumtheit, sondern das im Griffbereich neben dem Justierwerkzeug vorhandene Ölkännchen der Indikator einer maschinentechnisch kundig geführten Druckwerkstatt.

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