
Autofreie Innenstädte entstehen derzeit überall, nur nicht in Deutschland, dort bricht man wie in Berlin weiter Autobahnen quer durch die Innenstädte. Man gibt hierzulande sich weiter der widerlegten und vergeblichen Selbstlüge hin, man könne dem Auto Herr zu werden, wenn man ihm nur noch ein paar Fahrbahnen mehr gebe. Man weiß es, und man will es im Grunde auch so. Die als Freiheit verkaufte Fiktion skizziert die Unmöglichkeit eines unabhängigen Lebens in unberührter Natur mit Supermarkt und Industriearbeitsplatz oder Büroturm in unmittelbarer Nähe. Dabei ist diese Fiktion auf allen Ebenen toxisch: Sie blendet aus, dass ein auf das Auto zugeschnittene Leben zwei Drittel der Bevölkerung nicht nur benachteiligen, sondern ausgrenzen, die weder Fahrberechtigung noch Auto haben. Sie verwandelt und umgießt alle Lebensqualität mit autogerechtem, menschenverdrängendem Grau. Sie bindet direkt und indirekt enorme Mengen des staatlichen Haushaltes zur Förderung der Teilhabe und zu Einrichtung und Unterhalt der dafür benötigten Infrastruktur. Und am Ende des Tages steht die mobile Büchse der Pandora auch noch sinnloserweise im Schnitt weit über 95% des Tages einfach nur rum und verbraucht Platz, weil wir als Gesellschaft zwar unsere Autosucht teilen, nicht aber unsere Autos.
In Deutschland gilt dennoch nach wie vor das Grundgesetz der Mobilität, dass man vom Bett zum Bäcker zur Arbeit nur und ausschließlich mit einem Berg aus Plastik und Stahl in dem heuer mehr Pferdestärken als früher in einem ganzen Kavallerie-Regiment gebunden waren kommen kann.
Es ist schon bizarr, wie sehr wir unsere selbstbequeme Lernresistenz in Beton, Stadtautobahnen und Parkplätze zu gießen verstehen und uns diese zudem extrem teure Mischung aus Verlust an Aufenthaltsqualität, Ruhe, Lebensraum und mobiler Gelassenheit als Kultur und Sachzwang zu verkaufen wissen.