Wenn man sich als Land überlegte, wie man eine möglichst lange Beziehung zu Corona aufbaut, Deutschland wäre ein gutes Role-Model: Minimalinvasiver Maßnahmen-Limbo bei maximal-enervierter Aufgeregtheit, nationaler Eiertanz um Querspinner plus präzise getimte und bestens platzierte Wellenanschubhilfen wie Großveranstaltungen, maskenfreier Präsenzunterricht, Auslaufen von Homeoffice, Abbau der Testmöglichkeiten plus eine in Gesellschaft, Politik und Medien breit gepflegte und als Aufgeklärtheit missverstandene Wissenschaftsskepsis.
Das Ergebnis ist ein Land in Aufruhr, in welchem die Willigen und Vernünftigen zwischen Pandemie und zelebrierter Anarchie der Unwilligen zerrieben werden. Ein Land in dem denen, die zur Lösung beitragen alles und denen die zum Problem beitragen nichts aufgebürdet wird. Und zum Problem beizutragen ist längstens nicht mehr das alleinige Primat von exotischen Weltfernen, die in Friedenszeiten ihre Niesche irgendwo zwischen Dorfdepp und exaltiertem Spleen bewohnen und nun mit dem Ausnahmezustand einer Pandemie ihre Gelegenheit zu Beachtung und Bühne ergriffen haben. Nein, zum Problem beizutragen ist gesellschaftlicher Usus, wenn es um die Bewältigung von Solidaraufgaben in einer dem individuellen Zugewinn des Egos verschriebenen Gesellschaft geht. Herausforderungen wie Pandemien löst man nicht in Eigenverantwortung, also ein jeder nach seiner individuellen Façon und Einsicht, sondern ausschließlich solidarisch. Das im übrigen die eine wesentliche Existenzbegründung für Gesellschaften: die Bewältigung der Aufgaben, die man als Individuum oder in der der Kleingruppe nicht gestemmt bekommt. Problembeitragend sind also all jene, die ihre Bedürfnisse größer als die der Allgemeinheit erachten. Es gibt keine gesellschaftliche Notwendigkeit bei Inzidenzen jenseits aller Alarmstufen beispielsweise Sportveranstaltungen, Freizeitaktivit-ten, Urlaube, Weihnachtsmärkte und religiöse Gruppenveranstaltungen abzuhalten. All das fußt einzig auf Partikularinteressen, die einseitig und oft willkürlich über die Notwendigkeit zur Pandemiebekämpfung gestellt werden.
Seit Beginn der Pandemie probiert Deutschland ein Konzept, welches man bestenfalls als erratische. Eiertanz bezeichnen könnte. Bis hierhin können wir feststellen, dass wir damit sowohl die Pandemie verstetigen, die materiellen und imateriellen Kosten ins Absurde vergrößern und den sozialen Frieden bis an seine äusserste Bekastungsgrenze treiben, vom beispiellosen Verlust der Handlungsfähigkeit mit Ansage und Anlauf einer, wenn nicht der zentralen Säule dieser Gesellschaft, dem Gesundheitssystem und politischem Ansehen innerhalb wie ausserhalb gar nicht erst zu sprechen.
Beendet den Eiertanz. Corona wäre in kurzer Zeit nicht mehr alltagsbeherrschend: Konsequente Umsetzung von Impfen, Abstand, Masken und Testen. Unser Irrtum: Freiheit gewinnen wir nicht mit Aufbegehren gegen Pandemiemaßnahmen zurück, sondern nur durch die Eindämmung der Pandemie.