






In Druckereien und im grafischen Gewerbe gehörte der Umgang mit Rechenschiebern und ihren kreisförmigen Geschwistern, den Rechenscheiben, zum Tagesgeschäft. Als Scheibe misst ein Rechenschieber knapp ein Drittel der Länge der Linealversion. Außerdem sind die Scheiben deutlich robuster. Mit ihnen lassen sich Verhältnisse wie Dreisätze schnell bestimmen, etwa bei der Berechnung von Stapelgewichten, der Preiskalkulation, dem Farbverbrauch, der benötigten Anzahl von Typen oder den Längen und Breiten beim Skalieren von Formaten.
Ihre Genauigkeit hängt von ihren Skalen ab. Die zwei üblichen Umfang-/Skalenlängen waren 25 und 50 cm. Alle meine älteren Scheiben, also aus den 1950er Jahren und älter, sind große 50-cm-Scheiben. Die jüngeren Scheiben in meinem Bestand, ab den 1960er Jahren, sind hingegen handliche 25er. Das könnte ein Zufall meiner Sammlung sein, aber es könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass das Licht in Druckereien in der ersten Hälfte des Jahrhunderts deutlich schlechter war.
Neben der weiten Verbreitung in Druck und Grafik, gab es Rechenscheiben in allen Bereichen, die schnelle oder genaue Umrechnungen brauchten: Im Handel zur Logistik und Preiskalkulation, in der Fliegerei zur Berechnung von Kraftstoffverbräuchen, Reichweiten aber auch wie in der Nautik zur Kurs- und Standortermittlung, in der Artillerie zur Waffenführung, im Katastrophenschutz, bei Film- und Kameraarbeiten, in der Küche zur zutaten und Maßberechnung, etc. pp. Kaum ein Lebensbereich, der keine spezialisierte(n) Rechenscheibe(n) hervorbrachte. Sie sind bis ins Mittelalter nachweisbar und im Kern ist der Mechanismus von Antikythera, ca. 70 v. Chr., ein Set von Rechenscheiben.
Kein Wunder also, dass Rechenscheiben ein eigenes, sehr nerdiges Sammelgebiet sind. Als simple Parkscheibe sind sie jedermann verständlich, aber auch als in der Regel reiner Kompetenzsimulator am wunschgemäß betont maskulinen Arm eines Immageübertragsbedürftigen in Form von Rechenlunetten an markanten Uhren in der Preisklasse von Kleinwagen haben sie bis heute im Alltag überlebt. In sicherheitsrelevanten Spezialbereichen, die notfalls auch ohne Strom und Netz auskommen müssen, sind sie nach wie vor unverzichtbar.
Für Interessierte findet sich hier die Bedienungsanleitung der Grafix 100, mit der sich die grundlegenden Berechnungen mit allen hier gezeigten Scheiben durchführen lassen.
„aber auch als in der Regel reiner Kompetenzsimulator am wunschgemäß betont maskulinen Arm eines Immageübertragsbedürftigen in Form von Rechenlunetten an markanten Uhren in der Preisklasse von Kleinwagen haben sie bis heute im Alltag überlebt“
You made my day! Sehr schöne Umschreibung…… 🙂
Gerne geschehen 🙂