Da ich eine Andrucknudel für die Setzerei erwarte muss ich ein am Aufstellort wohnendes „wildes“ Schriftlager endlich in sauber die Steckladen der Setzergasse umziehen. Klingt puzzelig, ist es auch, vor allem weil viele filigrane Schreibschriften darunter sind. Aber es ist eben auch schweißtreibend, da die Steckladen zwischen 10 und 15 kg wiegen und es sind deren viele. Dabei stellte ich fest, dass die gewöhnliche Vivaldi keine ist, sondern eine sehr seltene (und ziemlich konfuse) Ballerina. Sagt also Hallo zur Ballerina. An der Stelle Danke an Florian Hardwig, der mir den entscheidenen Tipp zur Identifikation gab. Er mutmaßte, dass es eine Fortentwicklung der Domina von 1929, erschienen bei Genzsch & Heyse sein könnte. Daraufhin arbeitete ich mich durch die Schriften dieser Schriftgießerei und fand die gesuchte als Ballerina, geschnitten von Joachim Gäbler, 1959. Florian vermutet, dass man dort nach dem Krieg die Domina um die wilden Versalien ergänzten. Die Gießerei war im Krieg schwer getroffen worden und kam nie wieder richtig auf die Füße. Und so ist die Ballerina dem Schriftenverzeichnis bei Klingspor1 die letzte je bei Genzsch & Heyse geschnittene Schrift: die traditionsreiche Hamburger Gießerei wurde 1964 nach 130 Jahren Firmengeschichte liquidiert. Und es ist eine der wenigen Bleisatz-Schriften von der es bislang keine digitalisierte Version gibt. Gut so, ich werde das bestimmt nicht ändern.
1)Genzsch & Heyse bei Klingspor

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